Finnland: Migrants‘ course: Let’s use ICT teaching and learning of newly-arrived migrants – Helsinki

von V. H.

 

Sonntag: 12.05.2019

Gleich am Tag der Ankunft habe ich zwei finnische Lehrerinnen getroffen. Die Gespräche haben meine eigenen Erinnerungen als Finnin und meine Gedanken an das Bildungssystem bestätigt. Die Lernenden werden als Individuum behandelt. Sie haben die Möglichkeit, für sich persönlich geeignete Lernmethoden auszusuchen.

Digitales Lernen fordert viel mehr als nur das Herunterladen der Apps. Die Lehrer bereiten die Arbeit zielgerichtet und sorgsam vor. So dass sich das Lernen vom langsamen zum schnellen Lernen bewegt. Das digitale Lernen wird mit haptischen Möglichkeiten ohne die klassischen Lehrbücher zu vergessen, ergänzt. Der Lerner entscheidet mit der Begleitung des Lehrers, mit welchem Material er lernen möchte. Meine erste Frage war, wie leise die Klassen sind. Darauf konnte Heini Syyrilä, vielleicht eine der Spitzenexpertinnen des digitalen und haptischen Lernens, lächelnd antworten, dass nur die Phase der Aufgabenerklärung ruhig sei, ansonsten werde aktiv ausgetauscht und diskutiert. Die Lernatmosphäre sei entspannt und positiv.

Sie betonte aber auch, dass kein digitales Programm ohne das Wiederholen der mündlichen und schriftlichen Fertigkeiten Erfolg bringe.

Nach den ersten inspirierenden Erfahrungen durften wir am Tag des Zusammenkommens der bunten Gruppe, gleich vielleicht eine der spannendsten Innovationen des Landes, die neue Bibliothek „Oodi“ , besichtigen. Es ist Sonntag und wir befinden uns in der Mitte von vielen Menschen, die diesen Bildungsort als eine Art erweitertes Wohnzimmer, Kinderzimmer oder auch als Arbeitszimmer benutzen. Von Eile oder Angespanntheit ist nichts zu spüren. Es ist kaum zu glauben, aber die Bücherregale sind nur schlicht mit Büchern befüllt. Das hängt nicht damit zusammen, dass der Staat die Finanzierung verkürzt hätte, sondern die Finnen waren und sind noch heute aktive Benutzer ihrer Bibliotheken. Das Wort Bibliothek erlebt, aber eine Erweiterung an diesem Ort. Zahlreiche Leseecken und -ebenen laden die Besucher zum Verweilen ein. Erweitert wird das Angebot durch die Möglichkeiten des digitalen Lernens allein, zu zweit oder in größeren Gruppen. Am meisten fällt mir auf, dass das Publikum aus unterschiedlichen Schichten und Herkunftsländern stammt. Jeder scheint diese fast grenzlosen Möglichkeiten zu genießen. Eine ungewöhnlich, aber vor allem sehr weitblickende Variante des Handwerks ist das Angebot, die 3-D-Drucker nutzen zu können, was diesen Ort noch beeindruckender erscheinen lässt. Mit diesen Eindrücken kann ich nur auf die weiteren Tage gespannt sein.

Montag: 13.05.2019

Der Tag begann mit den Besichtigungen in den Werkstätten der Schule. In dem anschließenden Vortrag über das finnische Bildungssystem von Pia Hakkari, haben wir sehr konkret erfahren, worauf es in der finnischen Schule ankommt.

Der Schulalltag basiert auf das gegenseitige Vertrauen, damit ist nicht nur die Interaktion zwischen Lehrern und Schülern gemeint, sondern auch die Eltern werden in den Schulalltag einbezogen. Am Anfang des Schuljahres erhält jeder Schüler einen eigenen Lernplan, der nach Bedarf eventueller Fördermaßnahmen auch ergänzt wird. Inzwischen dürfen Lehrer entscheiden, welche Fördermittel die einzelnen Schüler benötigen.

Es werden auch keine Sprachtests mehr bei den Schülern durchgeführt. Entscheidend ist, dass der Fachlehrer mit einem Sprachlehrer eng kooperiert. Der Unterricht besteht aus einer Kombination von Sprachförderung und fachlichen Fähigkeiten. Die berufliche Bildung nutzt auch eine Großzahl der Erwachsenen. Das Sprachniveau kann durchaus auf dem Niveau A1-A2 sein. Die Aufgaben werden am Anfang des Tages so vorgelegt, dass der Lernende für sich geeignete Aufgaben suchen darf. Auch wie sie lernen, ist den Lernenden überlassen.

Eine der wichtigsten Botschaften des Tages war: „Die Zeitspanne des Lernens ist nicht wichtig, sondern die Fähigkeiten, die vermittelt werden und wir können die Schüler nicht ändern, aber unseren Unterricht.“ Viele der Migranten bringen schon einen Beruf mit sich. Den Beruf können sie oft weiterhin ausüben, sie werden in der Regel einen verkürzten Lehrgang absolvieren und so als Arbeitskraft für den Arbeitsmarkt vorbereitet. Da die Sprachkenntnisse oft am Anfang sehr gering sind oder das benötigte Fachvokabular fehlt, werden sie sehr praxisnah unterrichtet. In diesem Zusammenhang sind gerade digitale Medien eine enorme Hilfe. Die Schüler machen zweimal ein Praktikum. In den Praktikumsberichten entfernt man sich langsam vom reinen Schreiben. Die Berichte dürfen mit Bildern und Videos ergänzt werden. So wird es viel lebendiger für die Schüler und das unterstützt den Lernprozess.

Wie die digitalen Medien eingesetzt werden, haben wir konkret im zweiten Teil des Tages erfahren. Piccollage haben wir eher überflogen, da es sich bei dieser App um ein einfaches Bildbearbeitungsprogramm handelt. Die ersten tieferen Eindrücke konnten wir bei H5P, einem interaktiven Videoprogramm, gewinnen.

Mit der ThingLink-App haben wir die ersten Übungen für unsere eigenen Schüler vorbereiten können. Diese App ermöglicht Bilder mit Stimme und Text zu verbinden. Das hat den Vorteil, dass man den themenspezifischen Unterricht mit einem Fachlehrer vorbereiten kann oder sie ist auch für den allgemeinen Sprachunterricht hervorragend geeignet ist. Durch Fotocollagen wird der gewünschte Lehrstoff konkretisiert.

Als letztes haben wir noch das Padlet-Onlinetool kennengelernt, das die Lernenden prima zusammen mit dem Lehrer benutzen können.

Mit diesen vielfältigen Eindrücken beendeten wir den ersten Lerntag.

 

Dienstag: 14.05.2019

Der Tag begann mit einem lustigen Aufrufen der Namen. Wir hatten uns durch eine App in eine Icon-Figur verwandelt. Das war durch die App teach.dassdojo.com möglich. Diese App eignet sich gut für Grundschüler, aber auch für Erwachsene. Diese App können wir kostenlos herunterladen. Karoliina Mutanen aus Vantaa, hat den Tag mit einem spannenden Spiel begonnen, in dem wir uns noch näher kennenlernen konnten.

Ihre wichtige Botschaft für uns war, dass alle Lehrer Vermittler der Sprache sind. Scaffolding ist eine der wichtigsten Stichwörter, wenn wir Sprachen lernen. Wir bauen schrittweise unseren Lernprozess auf. Um diese Schritte aufzubauen, benötigen wir die Vielfalt der Tools, die wir heute teilweise digital ausprobieren.

Wir müssen uns es auch bewusst machen, um ein akademisches Sprachniveau zu erreichen, braucht der Lernende etwa  5 bis 7 Jahre. In diesem Zusammenhang hat Karoliina uns ein Motto mitgeben:“Good“ news = TIME – All you Need is Time!

Um arbeiten zu können, müssen wir den Schülern vorstellen, was wir an dem Tag vorhaben. Zweitens sollen wir die Inhalte vereinfachen. An dritter Stelle kommt die Wortschatzarbeit durch Visualisierung, Körpersprache oder auch Übersetzung. Zu den Themen können wir Plakate vorbereiten, die wir im Klassenraum aufhängen. Außerdem sollen wir langsam und mit einer vereinfachten Sprache sprechen. Alles was wir sehen, sollten wir auch schriftlich sichtbar machen. Die Reflexion des Unterrichts wird die Einheit beenden. Als Hausaufgabe ist es sinnvoll etwas zu den Hauptthemen zu zeichnen oder eine kleine Zusammenfassung zu schreiben.

Die Lernenden, die in der Freizeit aktiv bleiben, Hobbys haben, lernen die Sprache deutlich schneller. Sie sollten ermutigt werden Deutsch in der Freizeit zu nutzen. Geeignete Quellen sind YouTube, Fernsehen, Musik oder auch Radiosendungen.

Die App ClassDojo.com verbindet die Schüler, Lehrer und die Eltern, diese App könnte man eine Art Intranet nennen. Die Schüler erscheinen nur mit dem Vornamen und bekommen nur ihr eigenes Profil zu sehen, das gilt ebenfalls für die Eltern. Der Vorteil ist, dass die Kommunikation zwischen der Schule und den Eltern transparenter wird. Die Eltern sind beteiligt und wissen, wie die Fortschritte des eigenen Kindes sind. Die Kinder können wiederum das eigene Profil verändern.

Der Lehrer benutzt ein eigenes Konto mit einer Übersicht der Klasse. Diese Übersichten können individualisiert werden. Also gelingt das Klassen-Management mit einfachen und übersichtlichen Schritten.

Quizlet.com erleichtert die Wortschatzarbeit, in dem der Lehrer den Wortschatz bildlich und schriftlich vorbereiten kann. Der Lernende geht über die virtuellen Karteikarten, spielerischen Übungen bis zu einer spannenden Gruppenarbeit. Auch schwierigerer Wortschatz wird deutlich schneller verinnerlicht.

Am Ende des Tages haben wir noch unterschiedliche Google Tools kennengelernt. Diese Tools können für Präsentationen, Quiz, Tests oder auch verschiedene Animationen genutzt werden.

 

Mittwoch: 15.05.2019

Heute durften wir ein interaktives Programm austesten, in dem wir schon vorher überlegt hatten, welches Video sich gut für unseren Unterricht eignen würde. Es stellte sich sehr schnell heraus, dass die Möglichkeiten fast grenzenlos sind. Über www.h5.org ist es möglich selbstkreierte Videos oder auch kurze YouTube-Videos für den Unterricht anzupassen. Jedes Video lässt sich für den jeweiligen Sprachbedarf modifizieren. Diese App eignet sich auch gut für andere Fächer wie Geschichte oder Geografie. Gerade auch auf dem höheren Niveau könnten schwierige Definitionen oder auch Begriffe kinderleicht eingeprägt werden. Im Sprachunterricht kann man vom Grundschulniveau an mit tollen Animationen den Unterricht bereichern.

Nachdem wir diese vielfältigen Aufgaben erledigt und ausgiebig getestet hatten, haben wir unsere Ergebnisse auf die gemeinsame Padlet-Plattform kopiert. So hatten wir noch die Möglichkeit voneinander zu lernen.

Da wir zum Glück ein wenig Zeit hatten, konnten wir die zusätzlichen Funktionen dieser App in aller Ruhe ausprobieren. Es ist unglaublich, wie viel Neues man lernen kann. Das schöne ist, dass man in der Digiwelt nie auslernt. Wie unsere Dozentinnen mehrmals betont haben, braucht man nur Ruhe und viel Geduld beim Entdecken der neuen Möglichkeiten.

Mit Kahoot.it konnten wir selbst austesten wie die Wortschatzarbeit auch wirklich Spaß machen kann. Spielerisch lernt man in Gruppen, in Partnerarbeit oder allein den neuesten Wortschatz. Durch eine Art Karteikarten kann man sein Wissen überprüfen. Diese App kann auch als Vokabeltest dienen. Allerdings ist es sinnvoller die falschen Antworten noch einmal zu wiederholen. So entsteht auch eine positive Lernsituation. Auch durch das positive Bestärken motiviert man die Erwachsenen. In dieser Hinsicht unterscheiden wir uns nicht von den Kindern.

Das Erstellen der Lernkarteien dauert nicht lange und die Bedienung dieser App ist relativ leicht auch, wenn man wenig Erfahrung mit digitalen Medien hat.

 

Donnerstag: 16.05.2019

Heute werden wir vor allem eigene Inhalte kreieren und analysieren. Als erstes haben wir mit flipgrid.com ein Video gedreht. Wir sollten mit einem kurzen Videoclip vorstellen, wie man mit Bildern oder Videos Sprachen lernt. Anschließend schickten wir diese Kurzfilme auf eine gemeinsame Plattform. Diese erschienen auf dem großen Bildschirm in der Klasse. Wir hatten auch die Möglichkeit von unseren Tablets jedes einzelne Video der anderen anzusehen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass das Drehen den Schülern viel Spaß macht, denn auch die Lehrer waren wirklich begeistert.

Die Dozentin erklärt uns, wie sie in ihrer Klasse flipgrid eingesetzt hat. In der Schule gab es eine Themenwoche zum Thema „Lesen“. Die Kinder lasen über 200 kleine Bücher. Anschließend haben die Schüler kleine Buchvorstellungen mit Hilfe von flipgrid erstellt. Auch die schüchternen Schüler werden so ermutigt zu sprechen. Möchte jemand nicht gesehen werden, kann er auch Handpuppen als Videofigur benutzen.

In meinem Beispiel habe ich den Berufsschülern eine Aufgabe gestellt. Unter dem folgenden Link finden Sie eine Möglichkeit einen Praktikumsbericht zusammenzustellen: https://flipgrid.com/06c1255a

Vor dem Mittagessen begannen wir unsere Gruppenarbeit mit der App Adobe Spark Video. Unsere Aufgabe war es drei kurze Videos zu drehen und fünf Fotos zu machen. Mit diesen Materialien haben wir die Frage, wie das finnische Ausbildungssystem ist, beantworten können. Diese App eignet sich sehr gut für Schüler, die schon die ersten Erfahrungen mit Filmen gemacht haben.

Da der Schultag durchaus anstrengend ist, verwenden viele Schulen GoNoodle.com. Nach einer kurzen Entspannungsübung sind die Schüler wieder fit für die nächsten Übungen. Es funktioniert, denn unsere Gruppe war ebenfalls nach dieser Entspannung mit Begeisterung dabei.

Anschließend erfahren wir die Vorteile des Programms Bookcreator. Mit der App kann man relativ schnell und übersichtlich ein Album erstellen, eine Geschichte erzählen oder für Berufsschüler könnte sie als Notizbuch dienen z. B. bei einem Praktikum. So wird die Erstellung des Praktikumsberichtes viel mehr Spaß machen, außerdem ist es auch für den Lehrer viel angenehmer zu lesen.

 

Freitag: 17.05.2019

Den 6. und letzten offiziellen Fortbildungstag verbrachten wir am Campus des Vantaa Vocational Collages Varia Aviapolis.

Anssi Salmi führte uns am Anfang des Tages in die Kfz-Werkstatt. Die Schule verfügt über ca. 30 unterschiedliche Fahrzeuge, von alten noch technisch einfacheren Wagen bis zu LKWs und Flugzeuge, die wir auch anschließend in der Flugzeughalle besichtigen durften. Es ist schon beeindruckend, dass überall in der Schule eine angenehme Lernatmosphäre herrscht. Die Zusammenarbeit zwischen den Lehrern und Schülern ist entspannt und der Umgang erscheint untereinander sehr freundlich zu sein.  Diese Einheit hat ca. 500 Schüler.

Pia Kovalainen und Sanna Karayilan bringen fast schon künstlerische Effekte in das Lernen ein. Sie finden, dass abwechslungsreiche Lernorte auch beim Kennenlernen einer neuen Umgebung sehr nützlich sind. Diese Gedanken konnten sie uns auch überzeugend präsentieren, denn sie zeigten uns, wie man die Kamera einfallsreich im Unterricht einsetzen kann.

Die beiden Lehrerinnen begannen mit einem Projekt draußen. Die Gruppe ihrer Migrant*innen fuhr zu einer bekannten Insel, in der sich eine ehemalige Festung von Helsinki „Suomenlinn“ befindet. Zu diesem Projekt konnten sie von der Schule professionelle Kameras ausleihen.

Die Schüler, die noch ein sehr niedriges Sprachniveau hatten, konnten auf diese Weise die neue Umgebung erforschen und für sich entdecken. Dadurch entstanden auch die ersten Gespräche mit den Finnen, die wiederum neugierig nachgefragt haben, warum so viele Fotographen auf der Insel unterwegs seien.

Weiterhin haben sie ein Projekt gestartet in dem sie das Thema „Bild und Grammatik“, behandeln.  Die Schüler bereiten Fotoserien z. B. aus den Werkstätten vor, aus den Serien wurde auch anschließend eine Ausstellung konstruiert. Die Bilder wurden vergrößert und an den Wänden der Schule aufgehängt. Nach der Ausstellung durften die Schüler diese Bilder mit nach Hause nehmen. Interessant fand ich auch in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit mit einer Hochschule. Die wiederum eine Erweiterung des technischen Equipments ermöglicht. Für die beiden war ganz klar, dass die Lernenden durch diese Projekte sehr schnell und natürlich mit der Sprache und der alltäglichen Umgebung konfrontiert werden. Die Lernautonomie und die methodischen Fähigkeiten werden fast unbemerkt, aber nachhaltig gefördert.

Pia hat mit ihren Schülern eine WhatsApp Gruppe gebildet. In diese schicken die Lernenden Bilder, kurze Videos zu einem bestimmten Thema, das sie z. B. als Hausaufgabe oder Unterrichtsthema hatten.

Wir sollten auch ein Video mit unserem Smartphone drehen, in dem wir ein Wort nach unserer Wahl präsentieren sollten.  Unsere Gruppe hat das Wort „neugierig“ für sich ausgesucht. Das Video sollte 15 Sekunden lang sein. Für die Erledigung der Aufgabe hatten wir 20 Minuten Zeit. Der Vorteil dieser Aufgabe ist, dass sie fast überall umgesetzt werden kann. Die Lernenden müssen miteinander planen und sich abstimmen, außerdem macht es auch einen riesigen Spaß. In der Pädagogik kennen wir den Namen Camera-pen-pedagogy, der für diese Art der Aufgaben benutzt wird.

Im zweiten Teil schulten uns Anssi Salmi mit Anna Kapanen mit dem Umgang der virtuellen Welt inklusive der VR-Brille. Diesen Themenbereich erkundeten wir mit der App Seppo.io. In Gruppen hatten wir eine Karte zur Verfügung, in der unsere Stationen in der Schule markiert waren. In der ersten Station testeten wir die viel erwartete virtuelle Brille. Es war beeindruckend sich in eine Werkstatt zu versetzen und sich gefühlt dort zu bewegen. Da die Kfz Schüler kostenfrei den Führerschein in der Schule machen dürfen, gibt es einen Raum mit verschiedenen Simulatoren, die wir austesteten. Zugegeben, die geborene LKW-Fahrerin bin ich auch nicht. Nach 50 Metern hätte ich schon 940 Euro Strafe zahlen müssen, da musste Anssi auch etwas schmunzeln.

In den fünf Tagen in der Schule haben wir eine unglaubliche Menge zur Didaktik und den Methoden mit den digitalen Medien gelernt. Zu Hause muss man diese Stück für Stück einführen. Gerade für die Binnendifferenzierung kann ich auch jetzt je nach meinem Bedarf verschiedene Apps und Tools einsetzen. Sicherlich gibt es heute noch Diskussionen, wie und wer sie im Unterricht benutzen möchte, aber im Jahre 2019 sind diese Methoden nicht mehr vom Unterricht wegzudenken. Zu gerne möchte ich, mein Wissen meinen Kollegen weitergeben und mein eigenes Wissen erweitern. Es hat mich sehr beruhigt, dass unsere Dozentinnen uns auch nach der Fortbildung gesagt haben, dass sie selbst während der Schulung neue Features der App entdeckt haben, obwohl sie diese oft verwenden. Fazit: Wir lernen nie aus!

 

Samstag: 18.05.2019

Nachdem uns auch noch der Sommer ab Donnerstag in Helsinki begrüßt hatte, konnten wir unser Glück mit dieser extrem inspirierenden Schulung nicht fassen. Jenni und Ilpo, die uns auch die Woche durch begleitet haben, präsentierten uns noch einen Standort der Innovation und Entdeckung.

Wir hatten uns mit der restlichen Gruppe, die noch vor Ort war, für 10 Uhr verabredet. Heureka, das Zentrum zum Entdecken und Erforschen, liegt in Vantaa und lädt die Gäste zum selbstständigen Ausprobieren z. B. der eigenen Hirnfunktion oder physikalischen Elementen ein. Wir verbrachten noch die letzten zwei Stunden vor der Abreise dort, um uns auch miteinander auszutauschen. Mit Jenni und Ilpo haben wir über das Bildungssystem Finnlands gesprochen und unsere Eindrücke der vergangenen Woche Revue passieren lassen. Wir waren uns einig, dass in Finnland Schüler viel mehr als Individuen betrachtet und dementsprechend gefördert werden. Wir als Vermittler des Lernprozesses können die Stärken unserer Lernenden fördern und unterstützen.

Diese zahlreichen Möglichkeiten der digitalen Medien können wir als ein festes Standbein unseres Unterrichts einbauen. In den kommenden Wochen sehe ich mich noch beim Austesten der Apps. Also mit Geduld und Ruhe, wie die Finnen es betonten, erreichen wir die besten Ergebnisse. Ich möchte auch als Multiplikator der neuen Medien Lehrkräften und Dozenten bei der Entdeckung der neuen Wege oder damit verbundenen Ängsten helfen.

Finnland: Migrants‘ course: Let’s use ICT teaching and learning of newly-arrived migrants

von F. S.

Samstag: 11.05.2019

Meine Reise beginnt am 11. Mai 2019, einen Tag bevor mein Kurs in Helsinki losgeht. Ich erhoffe mir von dem Lernangebot, Inspirationen aus einem der führenden Länder für die Einbindung von Digitalisierung in den (Lern-) Alltag und Eindrücke, sowie Erfahrungen von den anderen Kursteilnehmenden.

Mein eigener Aufgabenbereich beim Landesverband der Volkshochschulen ist die Umsetzung vom Projekt „Starterpaket für Flüchtlinge in Schleswig-Holstein“, was sich wie viele Aspekte der Weiterbildung nun den Herausforderungen der Digitalisierung stellen muss.

Helsinki fasziniert mich vom ersten Moment an, da die Stadt unglaublich grün ist. Moderne Architektur ist quasi direkt in den Wald gebaut worden. Meine Unterkunft liegt etwa 20 Minuten nordöstlich vom Stadtzentrum in Vantaa. Hier findet ab Montag auch mein Kurs statt und den Weg zum Vocational College kann ich problemlos zu Fuß gehen. Ich erkunde erst einmal Vantaa und die Gegend um meine kleine Wohnung, bevor ich mich ins Stadtzentrum aufmache und die finnische Hauptstadt aus der Nähe betrachte.

Da am morgigen Tag eine Stadtführung mit den anderen Kursteilnehmenden geplant ist, spaziere ich einfach etwas umher, ohne das Gefühl zu haben, die Sehenswürdigkeiten suchen zu müssen.

In der Feinkostabteilung des Kaufhauses Stockmann finde ich ein wunderbares Abendessen und fahre dann zufrieden zurück nach Vantaa.

 

Sonntag: 12.05.2019

Mein erster Kurstag findet glücklicherweise nicht in den Unterrichtsräumen statt. Auch ausschlafen darf ich am Sonntag noch, da wir uns erst um 14 Uhr am Hauptbahnhof in Helsinki treffen wollen. Zwei Betreuer, Jenny und Ilpo von Euneos warten dort auf die große Gruppe aus ganz Europa. Viele Nationalitäten sind bei den überwiegend weiblichen Kursteilnehmenden vertreten, vor allem Griechenland und Italien.

Jenny führt uns durch das kleine Stadtzentrum von Helsinki und zeigt uns die wichtigsten und schönsten Ecken bei strahlendem Sonnenschein. Ilpo streut hier und dort ein paar historische und kulturelle Fakten ein und erklärt uns, wie die Geschichte das heutige Finnland beeinflusst hat.

Ein besonderer Ort ist die Oodi Bibliothek ganz in der Nähe des Bahnhofs. Es ist die im Dezember 2018 eröffnete Nationalbibliothek Finnlands und sowohl architektonisch als auch kulturell wirklich beeindruckend.

Das Gebäude ist aus Holz und Glas gebaut und hat kaum grade Linien, was es so spannend macht.

Drinnen gibt es drei Ebenen, jede mit einem Café oder Restaurant ausgestattet und man hat das Gefühl, die gesamte Kreativität Helsinkis trifft sich dort.

In der unteren Ebene befindet sich die Leihstelle, einige Regale mit den aktuellen Bestsellern, ein großer Eingangsbereich mit vielen Sitzmöglichkeiten und ein Restaurant.

Auf der zweiten Ebene ist ein Co-Working Space mit einzelnen Gruppenarbeitsräumen, Virtual Reality Räumen und einem großen Arbeitstisch mit Nähmaschinen, Textildruck und diversen Rechnern und Tablets. Jenny berichtet uns, dass man hier lernen, arbeiten, oder sich kreativ ausleben kann. Viele kleine Unternehmen in Helsinki nutzen die Räumlichkeiten, da sie selbst keine haben oder die Atmosphäre schätzen.

Selbstverständlich ist der Zugang kostenfrei und diverse Ansprechpartner stehen zur Verfügung um zu helfen.

Die dritte Ebene scheint komplett aus Glas zu bestehen, hier sind die Bücher und weitere Arbeitsplätze untergebracht. Viele Menschen lesen in den zahlreichen gemütlichen Sesseln oder kommen in die Bibliothek um Zeit zu verbringen. Eine Dame strickt, jemand liegt mit geschlossenen Augen auf einem Sofa und hört ein Hörbuch und Familien sitzen an den Tischen im Café und genießen die Sonne. Trotz des belebten großen Raumes ist es angenehm ruhig, was besonders bemerkenswert ist, da es auch große Teppiche mit Spielsachen und Büchern für Kinder gibt. Mit dieser Bibliothek wurde in Helsinki ein ganz und gar wunderbarer Ort geschaffen, an dem man gern Zeit verbringt.

Der Abend steht uns dann zur freien Verfügung und ab morgen treffen wir uns in den Räumen des Varia College Vantaa.

 

Montag: 13.05.2019

Mein erster Tag am Varia Vocational College in Vantaa beginnt um 9 Uhr in der ehemaligen Bibliothek. Diese wird nicht länger genutzt, da alle Lehrbücher inzwischen digitalisiert sind.

Die Schule hat uns zwei Schüler aus dem ersten Jahr der ICT Ausbildung für die ganze Woche zur Verfügung gestellt, die mit jeglichen technischen Problemen helfen können. Für sie wird es als praktische Erfahrung gewertet und für uns ist es sehr angenehm, immer einen Ansprechpartner zu haben.

Der Kurs erhält eine kurze Einführung zur Geschichte und Entstehung dieser weiterführenden Schule. Sie wurde 1963 gegründet und hat derzeit 3500 Lernende aller Altersklassen. Etwa 30 % davon haben eine andere Muttersprache als Finnisch. Die Aus- und Schulbildung basiert hier nicht auf Zeit, sondern auf Kompetenzen. Das bedeutet, dass die notwendigen Fähigkeiten möglichst ohne Druck erlernt werden und dass die Lernenden nicht nach einer bestimmten Zeit fertig sein müssen, sondern dann, wenn sie sich das gesamte Wissen angeeignet haben. Im Durchschnitt dauert ein Abschluss drei Jahre und die Schüler*Innen kommen mit 16, nach den verpflichtenden Schuljahren in Finnland.

Es gibt 17 Felder, in denen unterrichtet wird und Abschlüsse erreicht werden können. Der praktische Bezug zur späteren Arbeit ist hier besonders wichtig und in die Ausbildung integriert. Bei einem Rundgang durch die Schule lernen wir einige der Felder kennen. Die meisten Räume, die wir besichtigen sind für Handwerksberufe ausgelegt: zum Beispiel Tischler, Heizungsinstallateure und Maurer können hier alle wichtigen Grundlagen der Arbeit erlernen. Ebenso gibt es Räume für angehende Friseur*Innen und Fotograf*Innen.

Besonders schön ist die Wertschätzung der einzelnen Felder innerhalb er Schule zu beobachten. Die Schüler*Innen des Bereichs Malerei gestalten die Wände, diejenigen des Bereichs Küche und Service betreiben die Kantine und das hauseigene Restaurant.

Anschließend hören wir einen Vortrag von Pia Hakkari, einer Mitarbeiterin der Abteilung für Bildung in der Stadt Vantaa. Sie erklärt uns das finnische Bildungssystem und erläutert, dass es hauptsächlich auf Zusammenarbeit und Vertrauen basiert. Auf Staatsebene werden zwar Vorgaben gemacht, die jedoch von den einzelnen Städten und sogar Schulen individuell umgesetzt werden können.

Das Mittagessen dürfen wir in der Kantine für Lehrende der Schule genießen und werden dabei auf die Schüler*Innen aufmerksam, die sich um die Zubereitung und die Organisation in der Küche kümmern. So wird den Kursinhalten von einzelnen Gruppen ein besonderer Wert beigemessen und aktiv Nachhaltigkeit betrieben.

Der Nachmittag besteht aus einem Vortrag von zwei Lehrerinnen am Varia Vocational College, die von ihren Erfahrungen im Unterricht berichten. Beide unterrichten gemeinsam eine Gruppe von Migrantinnen, die sowohl Finnisch lernen als auch Kinderkrankenschwestern werden wollen. So ist eine der beiden für den Sprachunterricht und eine für den praktischen Unterricht zuständig. Sie stellen uns im Rahmen des Vortrags verschiedene Digi-tools vor, die wir heute und am Mittwoch gemeinsam ausprobieren werden. Wir lernen heute ThingLink und Padlet kennen und probieren sie auch direkt aus. Gemeinsam erarbeiten wir Möglichkeiten, diese Lerntools in unserem Arbeitsalltag zuhause zu nutzen.

 

Dienstag: 14.05.2019

Der dritte Tag meines Aufenthaltes beginnt mit einer kleinen Finnisch Lektion: Hyvää huomenta bedeutet „Guten Morgen“ und ist gar nicht so einfach auszusprechen. Unsere heutige Referentin Karoliina ist Lehrerin für Finnisch als Zweitsprache an einer Schule hier in Vantaa. Sie begrüßt uns auf allen Sprachen, die im Kurs vertreten sind (das sind immerhin 5) und berichtet von ihren Erfahrungen im Sprachunterricht. Der Schwerpunkt liegt heute auf Spracherwerb und Vokabeln lernen.

Finnisch ist eine sehr praktische Sprache, um aufzuzeigen, dass Spracherwerb in jeder Altersklasse schwer ist, da bis auf eine Teilnehmerin im Kurs niemand die Sprache versteht. Wir werden daran erinnert, welche Techniken besonders wichtig sind, wenn das Sprachniveau im Kurs noch niedrig ist.

Die erste App, die in diesem Zusammenhang vorgestellt wird, ist classdojo.com. Hier wurde von Karoliina bereits ein Kurs mit unseren Namen erstellt. Jeder Teilnehmer erhält ein kleines Monster Icon und das Programm kann Gruppen zusammenstellen, Arbeitsaufträge visualisieren und die Lautstärke im Klassenraum anzeigen.

Dann dürfen wir selbst aktiv werden und unseren eigenen Kurs erstellen, um die Funktionen besser kennenzulernen.

Die Mittagspause wird heute draußen im strahlenden Sonnenschein verbracht, nachdem wir uns mit leckerem Essen aus der Schulkantine gestärkt haben. Da das College in Vantaa, außerhalb von Helsinki liegt, muss man nur einen kurzen Weg zurücklegen, bevor man zwischen Feldern und Bäumen mitten in der Natur steht.

Am Nachmittag zeigt Karoliina uns die App Quizlet.com und auch hier dürfen wir selbst erst als Lernende und dann als Lehrende die Möglichkeiten selbst ausprobieren. In dieser App können Lernkarten oder Schaubilder mit verschiedenen Vokabeln ausgestattet werden, besonders hilfreich ist hier auch die visuelle Stütze der Wörter.

Ich nutze das gute Wetter und die lange Helligkeit in Finnland, um nach dem Kurs noch einmal in die Innenstadt zu fahren und da kulturelle Weiterbildung auch Teil meiner Reise sein soll, genieße ich eine typische kanelipulla (Zimtschnecke).

Mittwoch: 15.05.2019

Am Mittwoch wird unser Kurs erneut von den beiden Dozentinnen betreut, die bereits am Montag bei uns waren. Montag haben sie uns die Hausaufgabe gegeben, entweder selbst ein Video zu filmen, oder uns eines auszusuchen, das wir bearbeiten möchten. Sie heißen beide Anna und erklären uns heute die Möglichkeiten, die Lernvideos im Sprachunterricht darstellen und wie wir diese erstellen können. Da die beiden angehenden Krankenschwestern unterrichten, nutzen sie Videos von Kindern, die dabei helfen können, motorische Entwicklungen oder Verhaltensweisen zu visualisieren und analysieren.

Wir lernen die App H5P.org kennen und dürfen eigene Videos für unseren Bedarf oder nur zum Spaß erstellen. Mein Beispiel ist ein kurzer Clip aus der „Sendung mit der Maus“, mit Hilfe dessen interaktiv Vokabeln gelernt werden können. Wörter wie „Maus“, „Elefant“ oder „Ente“ können sowohl mit dem Bild als auch mit der Bewegung dargestellt werden. Ich kann das Video an der passenden Stelle pausieren und durch das Anklicken eines Icons wird dann die Vokabel angezeigt.

Am Ende des kurzen Clips werden die neu erlernten Wörter mit einem integrierten Lückentext abgefragt.

Für Interessierte hier der link: https://h5p.org/node/507991

Die Beispiele, die von den anderen Kursteilnehmenden erstellt werden zeigen, wie unterschiedlich die Lerngruppen und Unterrichtsformen sein müssen, da alle sehr individuell gestaltet sind.

Die Mittagspause ist heute etwas ganz Besonderes. Bereits um halb 12 (für  Finnland eine ganz normale Zeit zum Mittagessen) begeben wir uns in das Training-Restaurant, das von den Schülern des Varia Vocational College betrieben wird. Die Schüler*Innen erlernen hier die Bereiche Küche und Service und bereiten ein köstliches Drei-Gänge-Menü zu. Die Qualität des Essens ist herausragend und alle geben sich große Mühe mit der Präsentation.

Der Nachmittags-Block dreht sich dann weiter um die Erstellung der Lernvideos, sowie die anderen Funktionen, die H5P zu bieten hat. Es gibt Quiz-Optionen, eine Diktier-Funktion und zahlreiche andere Möglichkeiten, interaktive Einheiten zu erstellen. Wir haben genug Zeit, die einzelnen Felder mit Hilfe unserer Dozentinnen und der ICT Schüler kennenzulernen und auszuprobieren.

Ein besonders positiver Aspekt dieses Kurses ist für mich die Vielfalt an digitalen Lerntools, die vorgestellt wird. Man hat die Möglichkeit, viele verschiedene Dinge auszuprobieren und dann zu entscheiden, welche Apps man im Alltag nutzen möchte und dort die Kenntnisse dann gegebenenfalls vertiefen.

Schließlich benutzen wir das erste mir bereits bekannte Lerntool: Kahoot.com. Mit dessen Hilfe erstellt jeder ein farbenfrohes Quiz, das für den individuellen Unterricht genutzt werden kann. Auch hier werden wieder sehr unterschiedliche Ergebnisse produziert, sehr passend zu den jeweiligen Fächern und Lerngruppen der Teilnehmenden. Einige Kahoots spielen wir selbst durch und alle sind begeistert, von der Nutzung des eigenen Smartphones und des kleinen Wettbewerbs, der entsteht.

Das hervorragende Wetter motiviert mich, nach dem Kurs noch etwas die Gegend zu erkunden und ich fahre nach Sipoo, etwa 20 Minuten entfernt von Vantaa.

 

Donnerstag: 16.05.2019

Auch am Donnerstag beginnt der Morgen am Varia College mit strahlendem Sonnenschein.

Man kann an den blühenden Birken förmlich sehen, wie der finnische Sommer Einzug hält. Unsere Dozentin ist heute erneut Karoliina und sie erklärt uns zu Beginn des Tages, dass wir heute viel vorhaben. Es werden Apps für Bild- und Videobearbeitung vorgestellt und ausprobiert.

Die erste App ist Flipgrid.com, hier können Lernende kurze Videos als Antwort auf eine Aufgabe oder Frage erstellen. Karoliina erzählt, dass ihre Schüler*Innen diese App besonders gern nutzen und kaum Scheu vor der Kamera oder einem Video von sich selbst haben. (Das sieht bei uns im Kurs ganz anders aus!)

Grade für schüchterne Teilnehmende scheint dies eine besonders gute Option zu sein um Fähigkeiten abzufragen.

Es ist hier übrigens ganz selbstverständlich, dass alle Lernenden ein Chromebook oder ein iPad besitzen und im Unterricht nutzen können. In Vantaa werden die Schulen mit genug Geräten für jeden Schüler ausgestattet. Auch Smartphones können zum Beispiel bei Kahoots genutzt werden.

Die Anzahl an Benutzerkonten, die ich im Kurs bereits erstellen musste, steigt stetig weiter und ich bemühe mich, den Überblick zu behalten. Mein Eindruck von unseren verschiedenen Dozentinnen ist, dass diesen Daten geringerer Wert beigemessen wird.  Die Verwendung von hilfreichen Plattformen oder Apps passiert ganz selbstverständlich und ohne Hemmungen. ES fällt mir schwer, mir einen ähnlich entspannten Umgang mit diesen Geräten oder Plattformen in Deutschland vorzustellen.

Dann geht es direkt mit neuen Benutzerkonten bei spark.adobe.com und bookcreator.com weiter. Hier erstellen wir ein Video über das finnische Schulsystem und verfassen unser erstes ebook. Anschließend befassen wir uns mit dem Thema Animation.

Mit Hilfe eines iPads und kleinen Duplo Figuren filmen wir einen Stop-Motion-Animationsfilm und versehen ihn mit finnischen Vokabeln. Die Einleitung dauert nur wenige Minuten, da die App Stop Motion Studio sehr intuitiv und einfach funktioniert. Von den verschiedenen Ergebnissen im Kurs sind wir alle begeistert und die Gruppenarbeit kann einfach in den Unterricht übertragen werden.

Scratch.mit.edu ist eine Webseite, bei der wir erneut eine kleine Animation erstellen sollen. Diesmal müssen wir allerdings selbst den Code schreiben, um die gezeichneten Charaktere in Bewegung zu setzen. Schließlich probieren wir noch die App Toontastic aus, bei der wir nur die Stimme und Bewegungen der Figuren kontrollieren müssen.

Alle drei Formen der Animation bereiten dem Kurs großen Spaß und es werden bereits erste Ideen formuliert, wie man sie im Unterricht einsetzen könnte. Nach so vielen neuen Eindrücken sind wir froh, als Karoliina den heutigen Tag mit einer kleinen Feedbackrunde beendet, die selbstverständlich interaktiv bei Flipgrid stattfindet!

 

Freitag: 17.05.2019

Den Freitag verbringen wir in einem anderen Gebäude des Varia Vocational College, wo weitere Fachbereiche der Schule untergebracht sind. Es befindet sich in der Nähe des Flughafens von Helsinki, der ebenfalls in Vantaa liegt.

Anssi ist hier Lehrer für Logistik und führt uns durch die Räumlichkeiten. Was die Gruppe hier besonders beeindruckt, sind die großen Lagerhallen und Klassenräume für den Bereich Flugzeugtechnik.

Die Schule hat verschiedene eigene Flugzeuge, an denen die Schüler*Innen lernen können. Sie bauen sie auseinander und fügen sie wieder zusammen, während ein Lehrer sie beaufsichtigt. Die Ausbildung in den mechanischen Berufen dauert drei Jahre und die Schüler*Innen lernen zunächst die theoretischen Grundlagen, bevor es an die praktischen Erfahrungen und Praktika in den jeweiligen Bereichen geht.

Die technische Ausstattung ist auch hier hervorragend und die digitalen Lerntools unterstützen die handwerkliche Arbeit auf eine sehr natürliche Art und Weise.

Danach lernen wir Tea kennen, die ein Projekt mit Migrant*Innen an der Schule ins Leben gerufen hat. Es geht hierbei um das Erlernen von Finnisch als Zweitsprache und den Einsatz von Fotografie im Spracherwerb. Sie berichtet mit ihrer Kollegin Sanna davon, wie eine kleine Gruppe erwachsener Lernender mit Hilfe von Kameras kreativ werden konnte. So wurde beispielsweise die Stadt erkundet, oder es wurden Detailaufnahmen von Gegenständen gemacht, die als Vokabelkarten fungieren konnten. Unter dem Titel „Grammar in the camera“ wurden verschiedene Bilder aufgenommen, die das schier unmögliche Thema von finnischen Präpositionen versuchen zu visualisieren. Da es nicht wie im Deutschen tatsächliche Präpositionen gibt, sondern die Substantivendungen angepasst werden, kann es schwierig sein, dieses Thema zu verstehen.

Die Bilder des Projektes können unter anderem bei variaphotos.wordpress.com eingesehen werden.

Dann dürfen wir noch einmal selbst kreativ werden und sollen mit der Methode Camera-pen-learning eine Stärke unserer Lerngruppe (3-5 Personen) ohne Worte visualisieren. Wir einigen uns schnell aus das Thema Neugier und filmen ein kurzes Video in der Schule. Dabei soll in 15 Sekunden das Konzept vermittelt werden und auch hier sind die Ergebnisse der einzelnen Gruppen sehr individuell. Man merkt, wie die Scheu vor Videos und Smartphones, die zu Beginn der Woche noch herrschte, nahezu komplett abgebaut ist.

Nach der Mittagspause haben Piia und Anna, die ebenfalls an der Schule unterrichten und Expertinnen für e-learning sind, ein Lernspiel für uns vorbereitet. Wir sollen die digitalen Lerntools, wie zum Beispiel Virtual Reality Brillen oder Simulatoren in der Schule erkunden und ausprobieren. Das Lernspiel ist wie eine Schnitzeljagd aufgebaut und führt und quer durch das ganze Gebäude. Unter anderem können wir dabei einen Simulator für LKW´s und Bagger ausprobieren, den die Schüler*Innen hier im ersten Jahr nutzen können, wenn sie noch zu jung sind, um einen Führerschein zu machen. Gleichzeitig werden sie so auf die Praxis im Straßenverkehr vorbereitet.

Ich bin erneut beeindruckt, wie selbstverständlich hier der Umgang mit der herausragenden Ausstattung gepflegt wird. Den Lernenden und Lehrenden stehen unzählige Möglichkeiten zur Verfügung, um das Lernen aufregend und kooperativ zu gestalten und individuell auf jeden Einzelnen einzugehen.

 

Samstag: 18.05.2019

Nach 7 Kurstagen ist meine Zeit in Helsinki fast zu ende. Zum Abschluss besuchen wir einen weiteren Lernort, das Heureka Science Center. Es liegt ebenfalls in Vantaa, nur 2 km vom Varia College entfernt. Es handelt sich dabei um ein Museum für alle Altersklassen, wo spannende Experimente ausprobiert werden können. Die Technologien, die dabei genutzt werden, sind alle auf dem neuesten Stand und das interaktive natürliche Lernen mit Medien wird hier aktiv umgesetzt.

Die Schule in Vantaa hat mich sehr beeindruckt. Zu sehen, wie sehr eine Ausbildung wertgeschätzt wird, die mit der Berufsschule in Deutschland zu vergleichen ist, wirkt sehr inspirierend. Die Motivation, die ich aus meiner Zeit am Varia Vocational College wird sicher eine positive Wirkung auf meine Arbeit haben. Die Begleitung des Kurses durch Euneos war toll und unsere Betreuerin Jenni war jeden Tag vor Ort und stand uns mit Rat und Tat zur Seite.

Die anderen Kursteilnehmer kamen alle aus Lehrberufen und haben sehr interessante und individuelle Eindrücke mitgebracht. So haben zum Beispiel die Lehrer*Innen aus Griechenland und Italien häufig das Problem, dass Teilnehmende, die als Flüchtlinge in ihr Land kommen nicht lange bleiben. So werden nur erste, basale Sprachkenntnisse vermittelt. Die deutschen oder Finnischen Lehrer*Innen konnten hier von langfristigerem Spracherwerb berichten.

Die ICT tools, die im Kurs vorgestellt und erprobt wurden, haben in dem Fall das Potential, den Unterricht für viele zu erleichtern. Ich hoffe, dass ich sie zuhause ebenso gut bewerben und vermitteln kann, wie die Referenten hier.

Es war sehr spannend, noch einmal in die Rolle der Lernenden zu schlüpfen und die Erfahrungen werden mir sicher dabei helfen, die verschiedenen Aspekte und Auswirkungen meiner alltäglichen Arbeit zu berücksichtigen. Hier hat mich besonders überrascht, dass nicht alle guten Lehrer*Innen auch gute Schüler*Innen abgeben und Aspekte wie Ruhe während die Referenten sprechen oder das leise stellen des Handys nicht für alle selbstverständlich sind.

Die Reise nach Finnland war eine wunderbare Erfahrung und hat mir vermittelt, wie wichtig die Auseinandersetzung mit der sich ständig entwickelnden Digitalisierung ist. Wenn die Gesellschaft sich auf den Wandel einstellt und ausreichend Unterstützung von der Regierung erhält, kann diese neue Zeit gut navigiert werden. Der Umgang mit digitalen Lerntools und dem Internet im Allgemeinen ist selbstverständlich. Die Lehrenden suchen dort sowohl nach Möglichkeiten, die eigene Arbeit zu erleichtern und den Schülern die bestmögliche Ausbildung zu bieten. Eine Aussage eines Lehrers hat mich durch die ganze Woche begleitet: Wir haben verstanden, dass ICT nicht wieder verschwinden wird. Es wird sich immer weiterentwickeln und es ist unsere Aufgabe unsere Schülerinnen und Schüler darauf vorzubereiten.

Die Einstellung der Finnen zu Bildung im Allgemeinen ist sehr positiv und inspirierend. Der Wertschätzung der Schule und das Bestreben, allen dieselben Chancen zu ermöglichen schaffen eine tolle Lernatmosphäre. Ich bin fast versucht, selbst im Varia Vocational College zu bleiben und einfach weiter zu lernen…

Migrants‘ course: Let’s use ICT in teaching & learning of Newly-Arrived Migrants, Helsinki

von I. G. L.

Tag 1:  Samstag

Helsinki ist für uns Norddeutsche nur ein Sprung über die Ostsee entfernt. Es gibt die Fähre ab Travemünde, ab 03.00 Uhr!!!, oder den Flieger. Ich habe mich für Letzteres entschieden und habe u .a. die Ostsee von oben genossen. Die Landschaft sieht wie im Miniaturwunderland aus.

Dank der praktischen Tipps von Seiten des Veranstalters dieses Kurses konnte ich mich am Flughafen sehr gut zurechtfinden und fand auch sogleich die Fahrkartenautomaten. Uns Teilnehmern wurde empfohlen, ein 7-Tageticket für den Großbereich Helsinki zu lösen, da wir doch recht viel unterwegs wären. Kleiner Tipp für den HVV: Das Tagesticket gilt für 24 Stunden ab Antritt.

In der Vorbereitung zu diesem Kurs wurde eine WhatsApp-Gruppe gebildet, die von Tag zu Tag größer wurde. Außer mir ist eine weitere Deutsche mit von der Partie und wie sich herausstellte, war sie mir gar nicht unbekannt. Denn auch N. durfte bereits mit dem 1. Erasmus+-Programm verreisen und hatte im Blog über ihren Antibes-Aufenthalt geschrieben. Ihr Foto kam mir doch sehr bekannt vor. Wie klein die Welt ist. N. kam kurz nach mir in Helsinki an und so machten wir uns gemeinsam zu unserer Herberge auf, denn, welch Zufall, wir logierten im selben Hostel. Dort trafen wir auf ein weiteres Mitglied unseres Kurses, José aus der Nähe von Toledo.

Gemeinsam unternahmen wir unsere erste Sightseeingtour nach Downtown-Helsinki. Wir wohnten keine 5 Minuten von der S-Bahnhaltestelle Hiekkaharju entfernt und konnten so ganz bequem in die Stadt fahren. Hiekkaharju hat noch einen zweiten Namen, Sandkulla, was für deutsche Zungen sehr viel einfacher auszusprechen ist. Später erfuhren wir, dass der erste Namen Finnisch ist und der zweite Schwedisch. Auch bei den Straßenschildern stehen immer zwei Namen, ganz schön praktisch oder verwirrend.

Helsinki ist ziemlich überschaubar und relativ gut zu Fuß zu erkunden. Nach einem kleinen Rundgang bis zum Dom, über den Senatsplatz und einem Schaufensterbummel ging‘s zurück ins 20rooms in der Hoffnung auf eine ruhige Nacht.

Tag 2: Sonntag

Als erster vorgesehener Programmpunkt unseres Kurses war eine zweistündige Stadttour mit allen Kursteilnehmern geplant. Aber bis 14.00 Uhr wollte ich dann doch nicht warten und machte mich mit meiner deutschen Kollegin früher auf den Weg. Da wir davon ausgehen konnten, dass die Tour zu Fuß sein würde, wollten wir heute mal den ÖPNV ausprobieren. Mit dem Ticket kann man alle verschiedenen Transportmittel nutzen: S-Bahn, Tram, Bus, Metro und die Fähren zu den vorgelagerten Inseln. Die Trams fahren bis zu ihrer angezeigten Endhaltestelle, wechseln dort ihre Nummer und fahren dann auf einer anderen Linie weiter. So kann man relativ viel von der Stadt sehen, unterwegs mal aussteigen und an einer anderen Station wieder einsteigen. Alle Linien fahren irgendwann am Hauptbahnhof vorbei, so dass man nicht verloren gehen kann.

Pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt fanden sich fast alle Gruppenmitglieder vor dem Hauptbahnhof ein. Die Gruppe beteht aus 21 Griechen, 5 Italienerinnen, 1 Spanier, 2 Schwedinnen, 1 Slowakin und 2 Deutschen. Mit drei „Trainern“ von Euneos ging es dann zu einigen Top-Sehenswürdigkeiten und auch zu Kleinoden, die man als normaler Tourist gar nicht sehen würde. Da Finnland und ganz besonders Helsinki für modernes Design bekannt sind, wurde bei dieser Tour auch das Augenmerk auf die Architektur und das Design der unterschiedlichen Viertel gelegt. Die zweisprachigen Straßennamenschilder, von denen einige mit einem weiteren Schild, das ein Tier darstellt, ergänzt wurden, Erker und Friese an den Fassaden, unterschiedlich gestaltete Haustüren, kunstvoll verzierte Decken von Hauseingängen u.v.m. war zu sehen.

Leider konnte keiner der drei „Trainer“ uns erklären, was es mit dem Tierzeichen auf sich hat, sie zieren seit zwei Monaten die Hauswand und ergänzen den Straßennamen, auf Wunsch der Hausbesitzer.

Da Gehen ermüdend war, insbesondere auf Kopfsteinpflaster und dann auch noch bergauf und -ab, waren alle Tourteilnehmer froh, als es dann zur Tramhaltestelle ging, um zum „Old Skiffer“ zu fahren, wo traditionelle finnische Pizza angeboten wurde. Es tat richtig gut, sich im Warmen niederzulassen, denn der Wind, selbst bei strahlendem Sonnenschein, war doch ziemlich kalt und pfiff durch die Straßen.

Soignon Pizza mit Ziegenkäse, Erdbeeren, Ruccola und Pinienkernen – der Renner im „Old Skiffer“.

Morgen treffen wir uns alle in der Berufsschule zum ersten Kurstag. Wir sind sehr gespannt.

Tag 3: Montag

Der Kurs „Migrants’ course: Let’s use ICT in teaching & learning of Newly-Arrived Migrants“ findet in der nahgelegenen Berufsfachschule statt.

Die Berufsschule der Stadt Vantaa hat 5 Standorte, beschult insgesamt 4000 Schüler mit 260 Lehrern. Es gehen sowohl finnische als auch ausländische Schüler jeglichen Alters hierhin. Nach einer kurzen Begrüßung wurde uns das finnische Schulsystem vorgestellt.

Eigentlich unterscheidet es sich nicht so sehr von unserem deutschen Schulsystem, dennoch gibt es einiges Bemerkenswertes: Schulpflicht gibt es nur von 7-16 Jahren, dann haben alle die Sekundarstufe II abgeschlossen. Wer will, kann selbstverständlich weiter zur Schule gehen, um das Abitur zu machen und um zu studieren,  muss aber nicht. Wer eine Ausbildung im Handwerk macht, geht nur an 1-2 Tagen pro Monat zur Berufsschule und bekommt das gleiche Gehalt wie ein Ausgelernter. Für Abiturienten gibt es keinen NC, dafür allerdings Aufnahmetests und Interviews an den Universitäten. Ungefähr 15-20% schaffen es dann an die Unis.
In Finnland gibt es ein landesweites Curriculum, was natürlich zu vergleichbaren Standards und viel Transparenz führt.
Der Erfolg des finnischen Schulsystems liegt darin, dass es für alle gleich ist. Jeder wird da abgeholt, wo er ist, und gemeinsam wird dafür gesorgt, dass man das Ziel erreicht. Dies funktioniert natürlich nur, weil alle drei Komponenten, Schule, Eltern und Schüler,  zusammenarbeiten. Der Leistungsstand der Schüler ist ziemlich hoch, es gibt nur wenige, die Unterstützung bedürfen, die sie dann in separaten Unterrichtsstunden erhalten.

An der Vocational School Vantaa werden Finnen und auch Migranten unterrichtet. Doch bevor diese in den Vorbereitungsklassen (Berufsintegrationsklassen) beschult werden, dauert es oft bis zu 5 Jahren, bis sie in ein Integrationsprogramm aufgenommen werden. Sie leben in einer Erstaufnahmeeinrichtung, werden auf niedrigem Niveau beschult und alphabetisiert, dürfen z. T. sogar arbeiten, um Fuß zu fassen. Mit dem Erreichen eines A1-Niveaus können sie in der Berufsschule aufgenommen werden. Ihre Finnischkenntnisse liegen weit unter B1-Niveau. Sie erhalten 30 UE pro Woche, davon entfallen 12 UE auf den reinen Sprachunterricht, die anderen 18 UE sind Berufsschule auf Finnisch in einem Berufsfeld, das sie auf ihre zukünftige Arbeit vorbereitet bzw. aus dem sie in ihrem Heimatland kommen. Die Beschulung mit 30 UE pro Woche dauert ein Jahr und schließt mit einer B1-Prüfung ab. Aber es werden nicht nur die Sprachkenntnisse geprüft, sondern auch wie ihre Entwicklung im Berufsschulbereich und in ihrem sozialen Umfeld ist. Sollten sie im sprachlichen Bereich ein gutes A2-Niveau erreicht haben, bei den anderen Beurteilungen B1, können sie in die Regelklassen der Berufsschule integriert werden.

In diesen Vorbereitungsklassen haben die Migranten zunächst 2 Monate Unterricht und gehen dann für 4 Wochen in einen Betrieb, wie z. B. einen Kindergarten, ein Krankenhaus, eine Werkstatt. Dort beobachten sie alles und dokumentieren dies mit Fotos auf ihren Smartphones. Zurück in der Schule stellen sie mit dem Programm PicCollage Collagen mit ihren Fotos zusammen und beschriften diese. Durch das Beschriften lernen sie das Benennen der dokumentierten Handlung.

Und dieses Programm PicCollage, als  App bei Google Play Store kostenlos runterzuladen, haben wir als erstes kennengelernt. Bis zum Ende dieser Woche sollen wir alles mit unseren Smartphones fotografieren, was uns auffällt. Und so wird jeder seine ganz persönliche PicCollage erstellen, die dann in der Google+-Gruppe unseres Kurses zusammengeführt werden.

Einen kleinen ersten Eindruck habe ich schon mal zusammengestellt:

 

Tag 4: Dienstag

Heute ging es schon ganz selbstverständlich zur Schule, kein Navi, kein Plan, wir fanden den Weg ganz von alleine. Der Weg zum Klassenzimmer war auch wie zu Schulzeiten. Und plötzlich sind wir wieder Schüler. Es ist doch erstaunlich, dass Verhaltensmuster aus der eigenen, so lange zurückliegenden Schulzeit, plötzlich wieder aufploppen.

Wir mussten bereits online eine kleine Evaluation des ersten Tages abgeben. Ein paar Kritikpunkte, die wohl von mehreren TN kamen, wurden diskutiert und es wurde sich bemüht, an ihnen zu arbeiten. Die Gruppe ist definitiv zu groß, um gemeinsam ein Programm kennenzulernen und auszuprobieren. Gerade für heute, wo wir mit H5P arbeiten sollen und verschiedene Möglichkeiten erproben wollen, ist es doch sehr viel besser, in zwei Gruppen aufgeteilt zu sein.

H5P ist ein Programm, mit dem man viele Möglichkeiten hat, für seine Schüler verschiedenste Aufgaben zu kreieren. Es wurden zwei besonders hervorgehoben, weil beide Trainerinnen auch am liebsten damit arbeiten: Drag and Drop und Video. Es wurde in zwei Gruppen gearbeitet, was wirklich eine Erleichterung war. So waren alle konzentriert bei der Sache und hatten jeweils eine Aufgabe für ihren Bereich kreiert. Am letzten Tag werden alle Ergebnisse in die Google+-Gruppe gesetzt und wir haben dann darauf Zugriff.

Bei so einer internationalen Gruppe fällt erst bei der Arbeit auf, dass die Windows-Oberfläche ja auch in der jeweiligen Landessprache (Griechisch, Spanisch, Italienisch etc.) ist. Nun soll man eine finnische URL, die mehrere „ä“s hat, mit einer griechischen Tastatur schreiben! Auch bei den Italienern und dem Spanier war es nicht so leicht, aber wir wussten uns zu helfen.

Überhaupt war die finnische Sprache so ganz anders als alles, was wir in unserem Alltag zu hören bekommen. Im Schriftbild sorgen Verdopplungen und gar Verdreifachung von Konsonanten, als auch Vokalen, das Anhängen von „i“ oder „y“ oder ganzen Silben zu sehr langen Wörtern, die uns unaussprechbar vorkommen. In der finnischen Sprache gibt es keine Verhältniswörter, dafür werden Endungen angehängt. Damit die Lernenden lange Wörter richtig verstehen oder nachvollziehen können, müssen sie sie erst in ihre Einzelteile zerlegen. Hut ab vor jedem, der diese Sprache lernt. Dafür gibt es in der Grammatik keine Geschlechter und Artikel. Das hat auch einen Vorteil.

Tag 5: Mittwoch

Am heutigen Mittwoch haben wir die Berufsschule Vantaa Aviapolis besucht. Dort sind die Bereiche Flugzeugtechnik, Logistik, Transport ÖVPN (Busfahrer) und Automechatronik untergebracht. Hier kann man z. B. sein Auto in die Werkstatt bringen, um es reparieren zu lassen. Die Berufsschüler haben dann mit „echten Fällen“ zu tun und der Kunde bezahlt weniger als in einer herkömmlichen Werkstatt. Eine win-win-Situation. Drolligerweise wollte der Abteilungsleiter für Automechatronik, der uns geführt hatte, sein eigenes Auto nicht unbedingt dort in die Werkstatt geben.

Einige Lehrer stellten ihre Digi-Tools vor und was sie in ihren Migrantenklassen damit umgesetzt haben. Z. B. war ein Blog mit WordPress erstellt worden. Die TN sollten mit einer Digikamera ihre wichtigsten Eindrücke und Orte in Helsinki fotografisch festhalten und kommentieren.

Dann haben wir selbst weitere Digi Tools kennengelernt: Wir begannen mit Camera Pen Learning.

Dazu wurden wir in Gruppen eingeteilt und erhielten diverse Fotokarten von Picture This. Jedes Gruppenmitglied sollte ein Motiv wählen und erklären, warum er gerade dieses ausgewählt hatte und wie er es im Zusammenhang mit dieser Woche sieht. Dann musste sich auf einen Gruppennamen geeinigt werden. Anschließend erhielten wir die Aufgabe mit unseren Smartphones ein kleines Video zu drehen, nicht länger als 15 – 30 Sekunden. Das Thema für das Video konnten wir uns aus einer vorgegebenen Liste aussuchen:

Schnell wurde in der Gruppe klar, dass entweder „Love of learning“ oder „Curiosity“ das Thema sein sollte. Und da wir gerade eine kleine Tüte mit Kakao-Datteln auf dem Tisch stehen hatten, war die Entscheidung gefallen – „Curiosity“. Nach dem „Drehen“ wurde das Video den anderen Gruppen gezeigt und diese sollten das Thema erraten, was auch immer gelang. Dies war eine nette kleine Aufgabe, die ich bestimmt mal im Unterricht einfließen lassen werde. Jeder der Teilnehmer hat ein Smartphone und Themen gibt es reichlich, die man für diese Übung nehmen kann.

Nach der Mittagspause ging es weiter mit Seppo, einem Onlinespiel, um Lernspiele zu kreieren. Unsere Trainer haben extra für uns ein Spiel kreiert, in welchem wir verschiedene andere Tools kennenlernen sollten, wie FlashCards, Video and Photos, Padlet, AR (Augmented Reality), Animaker, QR-Codes2, Simulators, HTC Vine und 360 Pics, VR (Virtuell Reality) und interactive pictures. Um dem Ganzen einen Wettbewerbscharakter zugeben, war das Spiel auf eine Stunde terminiert. Und natürlich lief nicht alles so, wie es sollte. Plötzlich war das Internet verschwunden oder man hatte das erzielte Zwischenergebnis nicht gespeichert und gesendet, also waren die erzielten Punkte verloren und man musste sich erneut einloggen. Dies klappte dann wiederum auch nicht, weil man sich nicht mehr an die genaue Schreibweise des Gruppennamens erinnerte – also wie im richtigen Leben. Dennoch hat es viel Spaß gemacht und man konnte in einige Tools hineinschnuppern.

Morgen geht es weiter, ich bin sehr gespannt.

Tag 6: Donnerstag

Zum Einstieg in einen weiteren arbeitsreichen Tag wurde uns zunächst das finnische Curriculum vorgestellt. 2014 wurden vom FNBE = Finnish National Board of Education die Richtlinien für ein neues Curriculum erstellt und allen Schulen verbindlich mitgeteilt. Zwei Jahre lang hatten die Lehrer Zeit, an einem für ihre Schule neuen Programm zu arbeiten, das für die nächsten 10 Jahre gültig sein wird. Eine Evaluation findet auch innerhalb der Schule statt.

„We can’t change our students, but we can change our teaching.“

Dieser Satz wurde immer wieder wiederholt, die Lehrer an dieser Berufsschule legen viel Wert darauf, dass dieser Satz beherzigt wird.

Dann lernten wir eine Grundschullehrerin kennen, die ab dem 1. Schultag Digi-Tools in ihrem Unterricht einsetzt. Sie stellte sie uns der Reihe nach vor, einige davon hatten wir bereits am Mittwoch beim Seppo-Spiel kennengelernt.
Gerade im Grundschulbereich oder wenn man Kindergruppen unterrichtet, kann man gut mit classdojo, storybird, bookcreator.com oder powtoon arbeiten.

Diese Tools waren für den größten Teil der Gruppe interessant, da Kollegen von Allgemeinbildenden Schulen an diesem Kurs teilnahmen. Nur die andere deutsche TNin kam von der Uni, wo sie Projekte, ähnlich dem Studienkolleg, organisiert. Ich war die einzige TNin von einer vhs.

Am Nachmittag ging es dann los mit Kahoot!. Um uns einzustimmen, waren wir selber Quizteilnehmer, was allen viel Spaß machte. Wir probierten zunächst ein Quiz und dann ein Jumble. Anschließend sollten wir selber ein Kahoot! erstellen – und mit unseren Kollegen ausprobieren. Super.

Dieses Tool werde ich auf jeden Fall in meinen Unterricht integrieren. Es eignet sich wunderbar als Einstieg/Warming up, Zusammenfassung oder auch als eine andere Art Test bzw. Testvorbereitung im Orientierungskurs. Der Phantasie sind dabei keinerlei Grenzen gesetzt. Es gibt auch viele Kahoot!s, auf die man zurückgreifen kann, doch Vorsicht ist geboten, es kann immer mal ein Fehler darin vorkommen. Man selber sollte sein eigenes Kahoot! auch gut prüfen, bevor man es in die Community stellte.

Da meine Kursteilnehmer im Integrationskurs sehr gerne spielen und gewinnen wollen, wird Kahoot! garantiert der Renner werden.

Tag 7: Freitag

Ich kann es fast gar nicht glauben: Heute ist unser letzter Schulungstag.

Wir wurden in zwei Gruppen eingeteilt, um unsere Präsentationen vorzubereiten. D. h. wir zeigten den anderen Kursteilnehmern die von uns kreierten Digi-Tools auf unserem interaktiven Bild und ließen sie natürlich dabei die Aufgaben lösen. Schnell entstand ein interessiertes Frage- und Antwort-Spiel. Warum hast du gerade dieses Motiv gewählt und warum dieses Icon? Wieso meinst du, dass dieses Video gut zu dieser Aufgabe passt?

Das Schöne an dieser gegenseitigen Präsentation war, dass wir auch mit den Kurskollegen etwas mehr ins Gespräch kamen, die nicht an unserem Gruppentisch mitgearbeitet haben, und so lernte man dann doch noch etwas mehr über den Gesprächspartner.

Kein Kurs ohne Feedback. Dazu wurden die Gruppen wieder neu gemischt und man sollte innerhalb dieser Gruppe sich zu drei Fragen austauschen und evtl. einen gemeinsamen Nenner finden.

  1. Ideas on how you will apply digimethods introduced this week to your own work.
  2. What can you do to promote digital learning and tools in your workplace?
  3. What were the inspirational moments for you in this week?

So unterschiedlich wir doch alle waren, bei der Beantwortung der Fragen und dem für die Trainer so wichtigen Feedback gab es einen einhelligen Grundtenor.
Alle wollen mit Kahoot!, FlashCards und H5P arbeiten, denn Übungen mit diesen Tools lassen sich relativ einfach erstellen, bringen  Abwechslung in den Unterricht  und informieren über den Leistungsstand.
Wir können diese Digi-Tools zu Hause unseren Kollegen zeigen und mit ihnen selbst mal üben/spielen.
Die großen Aha-Momente für jeden von uns waren, „when the digi tools really worked as hoped.“

Und dann kam der große Aha-Moment des Freitags. Ein Mitarbeiter von unserem Veranstalter war gekommen und überreichte uns unter großem Applaus die Zertifikate.  Und damit war der Digi-Kurs dann leider vorbei.

Ich bin als digitales Greenhorn nach Helsinki gekommen und hatte keinerlei Ahnung, was auf mich zukommt. Bisher hatte ich noch keine digitalen Übungen im Unterricht eingeführt. Natürlich liegt das daran, dass ich all diese Plattformen gar nicht kannte, aber auch daran, dass wir an der vhs nicht jeden Kursteilnehmer eines Integrationskurses mit einem Tablet/Laptop ausstatten können bzw.  unsere Kursteilnehmer solch ein Gerät in der Regel nicht besitzen. Sie sind zwar ziemlich fit in der Handhabung ihres Smartphones, aber nur mit solch einem Endgerät zu arbeiten, erscheint mir nicht so sinnvoll. Nichtsdestotrotz wollte ich die verschiedenen Lernplattformen, die das Internet anbietet, kennenlernen.
Im Gegensatz zu Deutschland verfügen die Schulen in Finnland über so viel finanzielle Unterstützung, dass jeder Schüler mit einem Chromebook ausgestattet werden kann und für  keinerlei Lehrmittel bezahlen muss. Die Infrastruktur für schnelles Internet ist im ganzen Schulgebäude optimal (nur ausgesprochen selten kommt es zu kleinen Ausfällen). Und es gibt noch einen weiteren Grund, warum die Lehrer mit den verschiedenen Lehr- und Lernplattformen arbeiten: Für das Erlernen der finnischen Sprache gibt es laut Aussage unserer beiden Trainerinnen nur zwei Lehrwerke und kein weiteres Zusatzmaterial, das von den Verlagen zum Downloaden angeboten wird.
Da sind wir in Deutschland echt im Vorteil. Wie viele Übungen gibt es bei uns, die parallel zu den Büchern im Internet zur Verfügung stehen! Lückentexte, Zuordnungsaufgaben, Audioübungen und Videosequenzen, die mit kleinen Stopps versehen sind, hinter denen sich dann die Aufgaben befinden. Da kann man doch von einem wahren El Dorado bei uns sprechen. Dafür sind die finnischen Lehrer echt fit im Umgang mit all diesen Tools.
Aber nun habe auch ich  gelernt, eine Drag & Drop-Übung, ein interaktives Video, ein Quiz oder ein Jumble (gut für Rechtschreibübungen) zu erstellen. Und ich sitze nicht mehr hilflos vor meinem Computer und frage mich, wie ich das denn bloß hinkriege.

Zum Schluss möchte ich noch das Endergebnis unseres Lernens zeigen. Auf dem ersten Foto sehen wir das Gruppen-ThingLink mit den verschiedenen Icons der Kursteilnehmer. Uns Mitgliedern des virtuellen Klassenzimmers ist es möglich, bei einem Klick auf das entsprechende Icon das interaktive Bild des Kollegen zu öffnen. Dort wiederum kann man durch Klicken auf Icons die einzelnen Übungen/Aufgaben ansehen.

Und hier ist mein interaktives Bild.

Ich habe viel gelernt, habe neue Erfahrungen gemacht und tolle Menschen getroffen.

Tag 8: Samstag

Wie am ersten Tag gab es heute auch noch mal einen kleinen kulturellen Exkurs von Seiten des Veranstalters. Und wieder zum Thema Design.

Mit der Metro ging es zur neuen Aalto-Universität, wo wir die Bibliothek besichtigen konnten. Diese Universität, benannt nach ihrem Architekten Alvar Aalto, liegt im Vorort Espoo und ist ein Zusammenschluss der Technischen Universität Helsinki, der Handelshochschule Helsinki und der Kunsthochschule Helsinki.
Die Bibliothek, das Harald Herlin Learning Centre, wurde 2015 nach den Wünschen der Mitarbeiter und der Studierenden renoviert und nach einem der größten Geldgeber benannt.
Nach einem netten kleinen Empfang im Foyer führte man uns durch die Lesesäle mit den dazu gehörenden Arbeitsplätzen und Nischen.  Im Bestand sind ca. 300.000 Printmedien und 400.0000 Bücher in digitaler Form. Viele Arbeitsplätze haben einen integrierten PC.

Nach ca. 1 ½ Stunden war die kleine Führung beendet und damit auch das Programm von Euneos.

Da ich noch etwas Zeit hatte, bin ich in die Stadt zurückgefahren und habe mir die alte Nationalbibliothek angesehen. Das war architektonisch das komplette Kontrastprogramm: altehrwürdige Mauern, von Carl Ludwig Engel 1840-1846 erbaut, wunderschöne Säulen, Deckengemälde und eine atemberaubende Rotunde.

Damit ist meine interessante Helsinkiwoche viel zu schnell zu Ende gegangen.
Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich an diesem Programm teilnehmen durfte und Neues entdecken konnte.