Gruppenreise zur digitalen Transformation, Aarhus


Diese Folge des vhscast wurde produziert von Karl Damke. Die verwendete Musik ist : „soulcraft“ by airtone 2024 – Licensed under Creative Commons Attribution Noncommercial (4.0)

Digitale Transformation in der Erwachsenenbildung: Erkenntnisse aus Aarhus
Ergänzung zum Podcast der Erasmus+-Reise (April 2025)

Die viertägige Erasmus+-Reise nach Aarhus im April 2025 hatte ein zentrales Thema: die digitale Transformation in Bildungseinrichtungen. Während der Podcast die Reise atmosphärisch und persönlich einfangen konnte, zeigt dieser Blogeintrag vertiefend auf, welche Impulse und Learnings im Kontext digitaler Bildung, Medienkompetenz und digitaler Infrastruktur besonders prägend waren und dient somit als Impuls, Reflexionshilfe und Orientierung für die weitere Arbeit im Kontext digitaler Erwachsenenbildung.

Tag 1 – FO Aarhus: Digitale Grundbildung als strukturelles Element

Der Auftakt der Reise führte in das FO Aarhus – eine Bildungseinrichtung, die in ihrer Struktur und Zielgruppenarbeit an deutsche Volkshochschulen erinnert, sich aber durch eine explizite Verankerung digitaler Grundbildung als vierte Säule im Gesamtkonzept abhebt. Neben Dänisch, Mathematik und Englisch ist die digitale Bildung ein tragender Bestandteil der Qualifizierungsmaßnahmen für Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf: darunter Menschen mit Behinderung, Geflüchtete, ältere Menschen und Menschen ohne Schulabschluss.

Digitale Grundbildung wird im FO Aarhus nicht als technisches Add-on verstanden, sondern als Schlüsselkompetenz zur gesellschaftlichen Teilhabe. Vermittelt werden medienpädagogische Fähigkeiten, ein reflektierter Umgang mit digitalen Tools, App-Nutzung im Alltag sowie Themen wie Datenschutz und IT-Sicherheit. Besonders erwähnenswert ist der Einsatz sogenannter Medienlotsen, die in der Face-to-Face-Arbeit individuelle Zugänge schaffen – ein Ansatz, der niedrigschwellige Medienkompetenzförderung auf Augenhöhe ermöglicht.

Tag 2 – Dokk1 und DokkX: Öffentliche Räume als Knotenpunkte digitaler Innovation

Der zweite Tag war geprägt vom Besuch des Dokk1 – Skandinaviens größtem öffentlichen Bibliotheks- und Kulturzentrum. Das Dokk1 ist ein Paradebeispiel dafür, wie digitale Transformation mit Bürgernähe, Lebensweltorientierung und kultureller Teilhabe verbunden werden kann. Die Architektur selbst steht sinnbildlich für Offenheit und Interaktion: überall kostenfreies WLAN, Social-Media-Anbindung zur Besucherbeteiligung, barrierefreie Räume und digitale Servicepunkte der Stadt Aarhus.

Besonders inspirierend war das Maker Lab im Dokk1: Ein Raum, in dem kreatives Arbeiten mit neuen Technologien wie 3D-Druckern, Robotik oder Programmierung aktiv gefördert wird – niedrigschwellig, experimentell und partizipativ. Solche Räume ermöglichen es Menschen jeden Alters, sich auf spielerische Weise mit digitalen Technologien vertraut zu machen.

Ein Highlight war auch der Besuch im DokkX, einer Ausstellung zu Wohlfahrtstechnologien im Obergeschoss des Hauses. Hier wurde deutlich, wie digitale Lösungen helfen können, ein selbstbestimmtes Leben – insbesondere für Menschen mit körperlichen Einschränkungen – zu erleichtern. Von Sprachassistenzen bis zu intelligenten Alltagshelfern zeigt das DokkX, wie Inklusion durch Digitalisierung aktiv gefördert werden kann.

Tag 3 – Testrup Højskole und das digitale Gemeinwesen Dänemarks

Am dritten Tag zeigte sich ein ganz anderer Aspekt digitaler Transformation: die bewusste Balance von analogem und digitalem Lernen. Die Testrup Højskole als „freie Akademie“ versteht sich als Ort des Experimentierens und der Persönlichkeitsbildung. Obwohl viele Kurse bewusst auf digitale Reduktion setzen – insbesondere in kreativen Fächern wie Keramik oder Musik –, wird die Kommunikation digital organisiert. Tägliche Versammlungen starten mit digitalen Tools, und die Außendarstellung der Schule über Social Media ist professionell und strategisch ausgerichtet.

Am Nachmittag wurde im Rathaus von Aarhus noch einmal die große Linie sichtbar: Dänemark gilt als globaler Vorreiter der Digitalisierung des öffentlichen Sektors. Beeindruckend sind dabei nicht nur die Zahlen (z. B. 88 % der Bürger haben in den letzten zwölf Monaten digitale Behördendienste genutzt), sondern vor allem die Konsequenz der Umsetzung: Schriftverkehr erfolgt ausschließlich digital, ePayment ist Standard, über 90 digitale Dienstleistungen sind obligatorisch. Diese konsequente Strategie wurde durch eine hervorragende Infrastruktur, digitale Bürgeridentitäten und ein hohes Maß an Vertrauen in staatliche Systeme ermöglicht. Auch das bietet Orientierung für die Erwachsenenbildung: Digitalisierung ist nicht nur eine technische Frage, sondern eine kulturelle und strategische Entscheidung auf systemischer Ebene.

Tag 4 – Den Gamle By: Digitales Lernen im musealen Raum

Der Abschluss der Reise führte ins Freilichtmuseum Den Gamle By, wo die Gruppe eine digitale Rallye mit der App Actionbound absolvierte. Die Nutzung digitaler Tools zur Erschließung historischer Kontexte machte deutlich, wie sinnstiftend Technologie in Lernprozesse eingebettet werden kann. Besonders eindrucksvoll waren interaktive Formate wie sprechende Hologrammfiguren oder multimediale Werkstattszenen. Das Museum nutzt digitale Inszenierung nicht als Gimmick, sondern als integrativen Bestandteil der Wissensvermittlung.

Dabei wurde deutlich, dass Digitalisierung nicht zwangsläufig modernistisch und abstrakt sein muss – sie kann auch emotionale Anknüpfungspunkte schaffen, Geschichte erfahrbar machen und Bildungsräume öffnen, die sowohl analog als auch digital wirken.

Fazit: Impulse für die Volkshochschulwelt

Die Bildungsreise nach Aarhus hat gezeigt: Digitalisierung in der Erwachsenenbildung ist dann besonders wirksam, wenn sie nicht nur als Technologie, sondern als Haltung verstanden wird – als Werkzeug zur Teilhabe, zur Selbstermächtigung und zur inklusiven Bildungsgestaltung. Drei zentrale Erkenntnisse lassen sich festhalten:

1. Digitale Grundbildung als Teilhabe-Instrument

Besonders das FO Aarhus hat verdeutlicht, wie wichtig niedrigschwellige Angebote sind, die verschiedene Zielgruppen befähigen, sich souverän in einer digitalisierten Welt zu bewegen.

2. Infrastruktur und Räume neu denken

Das Dokk1 zeigt, wie öffentliche Räume durch digitale Ausstattung zu dynamischen Lernorten werden – offen, partizipativ und vernetzt.

3. Digitalisierung ist ein kultureller Wandel

In Dänemark zeigt sich: Digitale Transformation gelingt, weil sie strategisch gewollt, 3 konsequent umgesetzt und gesellschaftlich getragen wird. Erwachsenenbildung kann und sollte hier eine aktive Rolle einnehmen – nicht nur vermittelnd, sondern gestaltend.